Die heutige Orgel in der Mauritzkirche ist ein Exponent des romantischen Orgelbaus und das größte und kunsthistorisch wertvollste Instrument der Stadt Münster. Gebaut wurde die Orgel 1882. Die Orgelgeschichte beginnt aber viel früher. Sie ist gekennzeichnet durch Zerstörungen, Reparaturen, Umbauten, Rückbauten und Neuanschaffungen. Viele Veränderungen gab es im Laufe der Zeit entsprechend der fortschreitenden technischen Entwicklung und einer sich wandelnden geschmacklichen Klangvorstellung.
1503, belegt durch eine Rechnung, wurde von Johan tom Soide eine Orgel in den Westturm der Kirche gebaut. Über eine winklige Steintreppe ging es innerhalb der Turmwand nach oben. Auf halber Höhe befand sich ein Podest, im Westen mit Zugang zum Raum über der Erphokapelle, im Osten zu einer im 15. Jahrhundert erwähnten Marienkapelle „uppe den Torn” mit beiderseitigen Öffnungen, die den Blick ins Hauptschiff freigaben. Die Kapelle wurde zum Orgelboden umgebaut.
1533/1534 ist diese Orgel zusammen mit anderen Anlagen in der Kirche der Zerstörungswut der Wiedertäufer zum Opfer gefallen. Über diese Zerstörungen berichtete am 05.01.1533 Kerssenbroch (MGQ V 359) sehr anschaulich, dass die Wiedertäufer in St. Mauritz die Altäre, Gemälde und Bildwerke zerstörten, die Orgel zerschlugen und die Gewölbe der Kirche und des Kreuzganges beschädigten.
1578 erst konnte die Orgel durch den Erwerb einer gebrauchten Orgel aus einer reformierten Kirche in Holland ersetzt werden.
1644 wurde das Turmdach über dem Orgelboden durch hessische Söldner zerstört. Der Wind und Wetter ausgesetzte Turmstumpf wurde mit der Zeit immer baufälliger.
1657 musste der Turm grundlegend überholt werden, wenig später waren Reparaturen an der Turmuhr und an der Orgel fällig.
1664 gab es einen großen Umbau der Orgel, dokumentiert durch einen Vertrag vom 28.07.1664 mit Johann Henrich Reinking aus Bielefeld. Der Umbau sollte in Jahresfrist vollzogen sein und 350 Rtlr. kosten.
1667 waren noch einmal die Brüder Johann Adam und Heinrich Reinking anwesend. Sie fuhren nach 21 Wochen Arbeit an der Orgel zurück, später war noch einmal ein Reinking 34 Tage lang mit der Orgel beschäftigt.
1819 erhielt Orgelbauer Michael Vorenweg aus Münster für eine Reparatur 36 Rtlr.
1833 wurde ein Vertrag über eine neue Orgel mit 11 Registern zu 900 Rtlr. mit Orgelbauer Johann Kersting abgeschlossen. Die alte Orgel wurde von ihm für 55 Rtlr. in Zahlung genommen. Bildhauer Ney erhält für die Verzierung 40 Rtlr.
1882 gab es dann wieder eine neue Orgel, diesmal mit 24 Registern. Sie wurde nicht wie bisher im Turmgewölbe aufgestellt, sondern vorspringend in die Kirche gebaut. Sie ist ein Werk des Münsteraner Orgelbauers Friedrich Fleiter. Dieser verwendete beim Neubau auch Bestandteile des alten Instrumentes.
Der in seiner Art einzigartige, kunstvoll geschmiedete Prospekt aus Eisen stammt ebenfall von 1882. Er wurde von Baumeister Wilhelm Rinklake aus Münster entworfen. Die vergoldete und farbig gefasste Fassade enthält einen Arkadenfries mit Apostelfiguren auf Goldgrund, den die münstersche Malerin Marianne Wagner gestaltete.
1955 wurde die Orgel durch Franz Breil aus Dorsten einer umfassenden Veränderung nach Plänen des damaligen Landeskonservators und Orgelspezialisten Rudolf Reuter unterworfen. Der ursprünglich gut ausgewogene, singende Klang der Orgel wurde dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend verändert und barockisiert, die ganze Spiel- und Registermechanik durch eine neue ersetzt.
1983 tauschte Franz Breil die Mechanik wiederum komplett aus und unterzog die Orgel einer grundlegenden Reinigung. Auch verlegte er die Windversorgung in die Orgel.
2002 wurde die Orgel dann auf Betreiben einiger Organisten auf den Stand von 1882 zurückgebracht und somit das romantische Klangbild wieder hergestellt. Die Restaurierung wurde für 200.000 € von Romanus Seifert aus Kevelaer durchgeführt.
Die Orgel der Mauritzkirche ist heute das größte und kulturhistorisch wertvollste Instrument unter den wenigen erhaltenen Denkmalorgeln in Münster.
Literaturhinweise
- Werner Dobelmann: St. Mauritz, Münster Westfalen. Neun Jahrhunderte Ursprung und Werdegang eines Stadtgebietes, S. 1; 128-132.
- Max Geisberg: Bau- und Kunstdenkmäler Westfalen. Stadt Münster, Sechster Teil, S. 62; 78.
- Bernhard Beike/ Ansgar Wallenhorst: Von Mauritius und seiner Gesellschaft. Die Mauritzorgel aus dem Jahr 1882 und ihre Geschichte, S. 261.
- Hannelore Reuter: Historische Orgeln in Westfalen-Lippe, S. 241 (Kath. Kirche St. Mauritz).
- Münstersches Orgelmagazin 1996 - 2008.
Text: Ingeborg Schoneberg, Sommer 2008