"Schön hier" ist der Titel der Ausstellung, die vom 01. März bis zum 19. April 2020 in der Erphokirche geplant war. Nachdem die Ausstellung wegen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie unterbrochen werden musste, wurden kurzerhand einige Bildreproduktionen an die Außenwand der Erphokirche verlegt.
Die für die kurzfristige Außenausstellung angefertigten Bilder können zu einem Preis von 24 Euro erworben werden.
Der in den letzten Wochen von dem Videofilmer Ferdinand Fries erstellte digitale Rundgang ist hier weiterhin zu sehen:
"Schön hier" ein Ausstellungsrundgang
Und hier sehen Sie einige Impressionen aus der Ausstellung welche vom Team der Fachgruppe Kunst Kirche Kultur erstellt wurden:
Gottesbegegnung in schöpferischer Umgebung
Der schönste Tag oder einmal Prinzessin
Die Schönheit in der Unvollkommenheit zeigen
Schön hier
Das Konzept:
Zum Hintergrund
Wir leben in einer visuellen Gesellschaft. Eine Flut von Bildern erreicht uns täglich auf allen Medien, im öffentlichen Raum, in unserer privaten Welt. Schönheit ist zur entscheidenden Kategorie der Postmoderne geworden. Und niemand kann sich dem entziehen. Ob Gaststätte, öffentlicher Raum, Wohnzimmer, Kleidung oder Reisen, Menschen finden sich in Gruppen zusammen nach ästhetischen Kategorien. Soziologisch zeigen das z.B. die Sinus-Milieustudien.1
Alltäglich erleben wir das z.B. in den sozialen Medien in der Fülle der perfekt gestylten Selfies in schöner Umgebung. Auch der eigene Körper wird immer mehr im Hinblick auf Schönheit optimiert und präsentiert. Die Werbung inszeniert Produkte nicht als nützlich und sinnvoll, sondern als schön gestaltet. Die Fotogenität von Politiker*innen ist wahlentscheidender als ihre Botschaft, zumindest wenn man den Plakaten glauben mag. Für Platon und die sich auf ihn berufenden Philosophen gehören das Schöne, das Gute und die Wahrheit zusammen. Und wie ist es heute?
Verschiedene gesellschaftliche Gruppen unterscheiden sich in ihrer Vorstellung davon, was schön oder hässlich ist. Von Stilikonen der POP- Welt werden Schönheitsvorstellungen geprägt und verbreitet. Mit diesen unterschiedlichen Vorstellungen gehen Menschen auf all ihre Lebensräume zu. Dies gilt natürlich auch im Hinblick auf Kunst und Kirchenraum. Und es ergeben sich in Kirche ganz neue, aber zentrale Fragen. Für wen ist der Raum in seiner aktuellen Gestaltung schön? Kann die Darstellung des Leidens am Kreuz schön sein? Ist Schönheit eine spirituelle Kategorie? Wie verhalten sich Wahrheit und Schönheit heute zueinander? Verstellt oder erhellt Ästhetik die Botschaft? Und welche Ästhetik, welche Schönheitsvorstellung prägt den Raum des Glaubens?
Ob Menschen eine Kirche besuchen, hängt auch davon ab, ob sie den Raum als schön empfinden, ob die Veranstaltung und die dort aktiven Menschen ihrer Schönheitsvorstellung entsprechen. Auch das Bistum hat diese Fragestellung erkannt, bietet sie doch ihren Hauptamtlichen eine Farb- und Stilberatung an.2
Biblische Inspirationen zum Thema
Wenn wir darüber nachdenken, warum wir finden, dass es irgendwo „schön“ ist, so zeigt sich, dass dieser Eindruck eng damit verbunden ist, ob wir uns dort wohl fühlen, angenommen fühlen, dort zu Hause sind, in Beziehungen stehen. Die Bibel spricht oft indirekt und implizit von der Schönheit der Welt und der Beziehungen in ihr.
Die Bibel beginnt nicht mit den Großtaten des Menschen, sie beginnt mit Gott. Er ist Leben in dieser Welt und gibt es. Alles Gewordene verdankt sich ihm: Himmel und Erde, Tag und Nacht, Sonne und Mond, Fische und Vögel, Pflanzen und Tiere, der Mann und die Frau. Er sprach, es geschah. Er sah, dass es gut war, er segnete: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde. Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ (Gen 1, 1-2, 2, 2; 1, 1.26-31a). Die gute Schöpfung ist schön, ein Lebensraum für viele, ein Ort der Verbindung zwischen Gott und Mensch.
Gott, der Menschen nach seinem Bild schuf, hat sich an seine Geschöpfe gebunden. Sie sollen in dieser Welt wohnen. Er bleibt ihnen verbunden, sie gehören zu ihm – nicht wie Sklaven ihrem „Besitzer“ gehören oder wie Knechte und Mägde. Jesus, Gottes Sohn, wird Mensch, um bei uns zu wohnen (Gal 4, 4-7). Wir sind Geschaffen als Ebenbild des Schöpfers, sind ihm geliebte Kinder.
Das Johannesevangelium beginnt mit einem Lied, in dem Glaubende das Geheimnis Gottes preisen, sein Da-Sein in dieser Welt für den Menschen, sein Ebenbild. Er ist Mensch geworden. Er hat sein Zelt unter uns aufgeschlagen und der Welt Licht und Leben eingestiftet (Joh 1, 1-18).
Jesus nimmt drei Jünger mit auf den Berg. Er betet – und die Jünger schlafen. Das Leben geht weiter. Petrus will auf dem Berg der Verklärung Hütten bauen. Er fand das Erlebnis und den Ort so schön, dass er bleiben wollte. Das Leben in dieser Welt braucht ein Dach über dem Kopf. Gastfreundschaft lässt den Freund und den Fremden nicht einfach so gehen, sondern fordert auf, sich zuhause zu fühlen und vor allem zu bleiben (Lk 9, 28b-36).
Der vierte Evangelist erzählt auf eigene Weise, wie die ersten Jünger zu Jesus finden: Unerkannt kommt Jesus an den Jordan. Doch der Täufer Johannes weiß, wer er ist. Er weist zwei seiner eigenen Jünger auf den Gekommenen hin. Er erhebt keinen Einspruch, als die beiden ihn verlassen, um hinter Jesus herzugehen. Erst folgen sie ihm von fern. „Meister, wo wohnst du? – Kommt und seht“. Dann kommen sie näher. Schließlich bleiben sie bei ihm. Nun kennen sie ihn aus eigener Erfahrung (Joh 1, 35-42). Hier setzt Jesus auf die visuelle Fähigkeit der angehenden Jünger. Sie nehmen mit ihren Sinnen wahr und was sie wahrnehmen ist so attraktiv, dass sie bleiben.
Explizit von der Schönheit spricht die Bibel im Hohenlied. Die Schönheit der und des Geliebten wird besungen. Dort heißt es z.B.: Schön bist du, meine Freundin, / ja, du bist schön. /Zwei Tauben sind deine Augen.16 Schön bist du, mein Geliebter, /verlockend. (Hld 15 -16 und andere).
Die Schönheit des Menschen liegt im Auge des/der Betrachter*in. Gleiches gilt sicher für die Schönheit der Schöpfung, des Glaubens und der Kultur.
Es gibt Räume oder auch Menschen, in deren Nähe es leichtfällt, aufzuatmen. „Schön, ist es, auf der Welt zu sein, sagt die Biene zu dem Stachelschwein …“ beginnt ein alter Schlager, und Christa Spilling-Nöker schreibt: „Bau dir ein Haus mit dem Himmel als Dach, mit Wänden aus Liebe, mit Räumen voll grünender Hoffnung und einem Fundament aus Vertrauen.“ –
Aber allein der innere Raum als Heimat genügt nicht. Der Mensch braucht auch ein Stück Erde zur Heimat. Er muss auch an einem Ort daheim sein können. Wir leben als Menschen in dieser Welt und brauchen an in dieser Welt Orte, die uns das vermitteln. Damit wir gerne sagen: „Schön hier!“. –
Zusammenfassung
Die Ausstellung will einen fruchtbaren Dialog darüber eröffnen, was wer warum als schön oder weniger schön empfindet. Sie will Menschen anregen über ihr eigenes Schönheitsempfinden und seine Prägung nachzudenken und sich auch mit komplett fremden Schönheitsvorstellungen auseinanderzusetzen. Sie fragt auch, was nötig ist, damit Menschen die biblische Botschaft, einen Kirchenraum oder eine Liturgie als „schön“ empfinden. Sie will das Gespräch über eine zukünftige „schöne“ Gestaltung der Erphokirche und der in ihr stattfindenden Veranstaltungen bereichern.