Anlässlich der Seligsprechung der algerischen Mönche aus Thiberine wurde am 2. Advent gemeinsam ein eindrucksvoller Gottesdienst in der Herz Jesu Kirche gefeiert.
Ein marokkanischer, algerischer Abendimbiss brachte uns diese Kultur näher und der Film über die Mönche beeindruckte viele sehr. Gerade das Testament war ein pägendes Vermächtnis für Nächteniebe und Feindesliebe.
Das Testament von Pater Christian de Chergé
Christian de Chergé (1937 – 1996), war der Prior des Trappisten-Klosters in Tibhirine. Er stammte aus einer aristokratischen Familie, sein Vater war Berufsoffizier. Er wollte Priester werden und trat 1956 in das Seminar der Karmeliten in Paris ein. 1959 wurde er zum Militär ein berufen und nach Algerien geschickt. Dort hatte er ein Erlebnis, das seinen Lebensweg entscheidend bestimmte. Ein muslimischer Freund rettete ihm das Leben und wurde selbst wenig später von Extremisten erschlagen. Dies bestärkte Christians Entschluss, Mönch zu werden und er engagierte sich in besonderer Weise Zeit seines Lebens für den christlich-islamischen Dialog. Zwei Jahre vor seiner Ermordung schrieb er einen Text, der als sein Testament gilt. Am Ende des Films wird daraus zitiert:
"Wenn es mir eines Tages geschehen sollte – und das könnte heute schon sein – ein Opfer des Terrorismus zu werden, der sich nun auch gegen alle Fremden in Algerien zu richten scheint, so möchte ich, daß meine Gemeinschaft, meine Kirche, meine Familie sich daran erinnern, daß mein Leben Gott und diesem Land geschenkt war.
Sie mögen annehmen, daß der einzige Meister eines jeden Lebens diesem schrecklichen Hin-scheiden nicht fremd gegenüberstehen kann. Sie mögen für mich beten: Wie soll ich würdig sein für ein solches Opfer? Sie mögen diesen Tod im Zusammenhang mit so vielen Toden sehen, die ebenso gewalttätig waren, aber in der Gleichgültigkeit dieser Zeit namenlos geblieben sind.
Mein Leben hat keinen höheren Preis als ein anderes; es hat aber auch keinen geringeren. Auf keinen Fall hat es aber die Unschuld der Kindheit bewahrt. Ich habe genügend lange gelebt, um zu wissen, daß auch ich Komplize des Bösen geworden bin, das – leider – in der Welt die Oberhand zu behalten scheint, Komplize gar
dessen, der mich dereinst blind erschlagen wird.Ich möchte, wenn dieser Augenblick kommt, so viel ruhige Klarheit haben, daß ich die Verzeihung Gottes und meiner Menschengeschwister anrufen kann, aber ebenso, daß ich dem aus ganzem Herzen vergeben kann, der mich umbringen wird.
Ich kann einen solchen Tod nicht wünschen. Es scheint mir wichtig, das zu bekennen. – Ich sehe nicht, wie ich mich freuen könnte, daß dieses Volk, das ich liebe, ohne Unterschied wegen meiner Ermordung angeklagt wird.
Das, was man „die Gnade des Martyriums" nennen mag, ist zu teuer bezahlt, wenn man sie einem Algerier schuldet, wer dieser auch immer sei. Vor allem dann, wenn er sagt, er handle aus Treue zu dem, was er für den Islam hält.
Ich weiß wohl, wie sehr man die Algerier in ihrer Gesamtheit mit Verachtung belegt hat. Ich kenne auch die Karikaturen des Islam, die ein gewisser islamischer Fundamentalismus hervorgerufen hat. Es ist zu leicht, sich ein ruhiges Gewissen zu machen, indem man den religiösen Weg des Islam mit dem fundamentalistischen Integrismus und seinen Extremisten gleichsetzt.
Algerien und der Islam: für mich ist das etwas anderes, für mich ist das wie Leib und Seele! Ich habe es genügend beteuert: Im Hinblick auf alles, was ich erhalten habe, glaube ich hier so oft den klaren Leitgedanken des Evangeliums wiederzufinden, das ich damals auf den Knien meiner Mutter, die meine allererste Kirche war, gelernt habe, genau hier in Algerien, und damals schon im großen Respekt vor den muslimischen Gläubigen.
Mein Tod scheint denen recht zu geben, die mich immer schnell als naiv oder zu idealistisch angesehen haben. „Er mag uns jetzt sagen, was er darüber denkt!" Aber jene, die so dachten, müssen wissen, daß nun endlich meine stechendste Neugier zufriedengestellt sein wird: Nun werde ich, wenn es Gott gefällt, meinen Blick mit dem Gottes, des Vaters, vereinen dürfen, um so mit Ihm seine Kinder aus dem Islam zu betrachten, und zwar so, wie Er sie sieht, ganz erleuchtet von der Herrlichkeit Christi, auch sie Früchte seines Leidens, angetan mit den Gaben des Geistes, dessen
tiefverborgene Freude immer die sein wird, die Gemeinschaft zu begründen und die Ähnlichkeit wiederherzustellen, indem er mit all den Unterschieden unter den Menschen spielt.Dieses verlorene Leben, das so ganz meines ist, es wird ebenso ganz das ihre sein. Ich danke Gott, von dem mir scheint, er wollte dieses Leben ganz für diese Freude, gegen alles und trotz allem.
In diesen Dank, mit dem nun alles über mein Leben gesagt ist, schließe ich sicherlich Euch ein, Freunde von gestern und von heute, Ihr lieben Freunde von hier, zur Seite meiner Mutter und meines Vaters, meiner Schwestern und Brüder, hundertfach hinzugeschenkt, wie es versprochen war.
Und auch Du bist eingeschlossen, Freund meines letzten Augenblicks, der Du nicht weißt, was Du tust! Ja, auch für Dich will ich diesen dank und dieses A-Dieu, das Du beabsichtigt hast. Daß es uns geschenkt sei, uns als glückliche Schächer im Paradies wiederzusehen, wenn es Gott, dem Vater von uns beiden, gefällt. Amen. In ch ‘Allah
Algiers, 1. Dezember 1993/ Tibihirine, 1. Januar 1994
+Christian"