Die Gäste des Ristorante Maggio an der Wolbecker Straße staunten in diesen Tagen nicht schlecht, sahen sich doch die großen Krippenfiguren von Maria und Josef und der Esel aus der Herz-Jesu-Kirche im Schaufenster um – auf der Suche nach einer geeigneten Herberge. Sie waren schon länger auf dem Weg, kamen aus dem Institut der Feuerwehr stadtauswärts und ziehen in dieser Woche weiter zum Anne-Frank-Berufskolleg: Eine Schulklasse hat für ihren Besuch eine individuelle Krippenlandschaft aus Containern vorbereitet – Ähnlichkeiten mit Flüchtlingsunterkünften liegen nahe und sind gewollt.
Und vor rund 2000 Jahren? Wie verlief der 150 km lange Weg von Nazareth im Norden nach Bethlehem im Süden? Wir wissen es nicht: Nur der Evangelist Lukas berichtet davon – mit einem einzigen Satz. Zwei Pilgergruppen der Pfarrei auf den Spuren Jesu konnten vor wenigen Wochen einen kleinen Eindruck gewinnen von der Vielfältigkeit der Landschaft und des Klimas. Maria und Josef zogen aus dem kleinen Dorf Nazareth (kaum 400 Einwohner), 500 m hoch gelegen in den gebirgigen Höhen Galiläas, dessen mildes Klima in den Tälern Landwirtschaft und Viehhaltung erlaubt, hinab in die fruchtbare Ebene Jesreels und wieder hinauf nach Samarien und in das Bergland von Judäa, vorbei an Jerusalem, nach Bethlehem (ca. 600 m). Immer unwirtlicher wird die Landschaft, wird zum Hirten- und Weideland, geht über in eine Steinwüste von faszinierender Schönheit; auf den Bergkuppen und in den schroffen Trockentälern ist der genügsame, trittsichere Esel allgegenwärtig. Höhlen durchziehen das Gestein, zu jedem Haus gehört eine in den Fels gehauene Grotte, als Unterkunft für Tiere und als Lagerraum. In einer solch kargen Grotte, entzogen allen Blicken, kam Gott in diese Welt. Auch wenn die kostbar ausgekleidete Grotte in der über ihr erbauten Geburtskirche den Blick dafür verstellen mag –, wer hineingehen, teilhaben will, muss sich auch heute noch klein machen, um durch die nur 1,20m hohe Tür zu gelangen.
So auch am Eingang zur Krippe in der Herz-Jesu-Kirche, in der Maria und Josef erwartet werden.Wie die große begehbare Landschaft, die das biblische Geschehen in unsere Gegenwart bringt, in diesem Jahr gestaltet sein wird, bleibt ein Geheimnis – bis zum Heiligen Abend. Bis Ende Januar lädt sie dann die Besucher ein, inne zu halten, still zu werden und sich einzulassen auf das Wunder der Weihnacht.
Info: Krippe in der Herz-Jesu-Kirche an der Wolbecker Straße; zu besichtigen vom 24.12. bis 25.1.15 zwischen 9 und 18 Uhr; Anmeldungen für Gruppen und Führungen im Pfarrbüro (Tel. 6 45 16)
Text & Foto: Mechthild Siekmann